geschichte

Zu den Anfängen des Fan-Projektes in Oldenburg

Wally (Anfang 90er)

von Walter Dinninghoff

 

Früher oder später hätte vielleicht auch jemand anders die Idee für ein Fan-Projekt in Oldytown gehabt, aber in diesem Falle ist die Entstehung dieser Einrichtung gekoppelt an meine Person. Gestatten: Walter Dinninghoff, Sozialarbeiter.

Wie Millionen anderer FußballFernweher saß auch ich erwartungsvoll mit ’ner entkorkten Flasche Jever 1985 vor der Glotze, um Platini zu bewundern, wie die Pille an seinem Fuße klebt, wie er sie küßt… Was dann im Brüsseler Heysel-Stadion geschah, war mittelalterlich anmutender Bürgerkrieg pur mit dem traurigen Ergebnis von 39 Toten und über 400 verletzten Menschen, teilweise lebensgefährlich und/oder für den Rest ihres Lebens behindert.
Irgendwie war das auch der Geburtsabend für das Fan-Projekt in Oldenburg, auch wenn es dann bis zur Niederkunft noch schlappe 6 Jahre braucht…

Im Sommer 1990 wurde ich über ABM im Jugendwerk der Arbeiterwohlfahrt eingestellt mit der Aufgabe, für diesen Jugendverband neue Projekte und Jugendgruppen zu ergründen und ggfls. Umzusetzen. Kurz vorher hatte ich an der Uni ein neben-berufliches Studium beendet und über Gewaltbereitschaft und rechtsextreme Orientierungen von Fußballfans eine Diplomarbeit geschrieben.

Aufstiegsrunde (1990): VfB - Wuppertaler SV
Aufstiegsrunde (1990): VfB – Wuppertaler SV

In diesem Zusammenhang lernte ich dann auch Leute aus dem Fan-Projekt Bremen und Hamburg kennen, die ich wiederholt auf ihrer Pirsch durch Fan-Land begleitet hatte.

Der VfB stieg auf in die 2te Liga, auf Donnerschwee war die Hölle los (Jaaaaah!!!Anm.d.T.) und Rudi Assauer wurde Manager beim VfB und das Telefon des VfB war dauernd besetzt. Ich skizzierte die Idee eines Fan-Projektes in Form eines Thesen-Papiers und schickte das Ding rüber.

Grundaussagen waren schon damals, daß das Fan-Projekt…

· helfen sollte, Gewalt unter Fans im Vorfeld durch pädagogische Maßnahmen zu verhindern,
· Fans in ihren spezifischen Interessen unterstützen sollte u.a. durch Organisationshilfen für Fan-Clubs,
· Begegnungen schaffen wollte zu Verein und Spielern, Freizeitangebote, Auswärtsbegleitung etc.,
· im privaten Einzelfall Hilfestellung durch Beratung und Vermittlung für Fans leisten sollte,
· überhaupt eine Lobbyeinrichtung für Fans sein sollte, und zwar unabhängig vom Verein.

Tatsächlich meldete sich Rudi Assauer: Grundsätzlich sei er interessiert im Hinblick auf reibungslosen Ablauf und Werbewirksamkeit für den Verein, aber auch, weil er der Ferne des Profikickertums zu seinen treuesten Kunden, nämlich den Fans, etwas entgegensetzen wollte. Als damaliger Bremer Fischkopp hatte er privat beste Kontakte zum Vorsitzenden des Bremer Fan-Projekt-Vereins, und so bat er mich, mit ihm nach Bremen zu fahren, um dort die Möglichkeiten eines Fan-Projektes in Oldenburg inhaltlich und finanziell mal auszubaldowern.

Ich schreibe das, weil heute kaum jemand um die aktive Hilfe der Bremer Fan-Projektler bei der Entstehung unseres Ladens weiß. Außerdem kam es bei dieser Besprechung zu ersten Kontakten mit Thomas Hafke, den wir ab Juli 1991 über ABM zunächst als hauptamtlichen Mitarbeiter im Fan-Projekt gewinnen konnten.

Hauptraum (Mitte 90er)
Hauptraum Bahnhofstraße (Mitte 90er)

Mindestens ebenso spannend verliefen die die ersten Kontakte zu mir bekannten Fans, um die eines Fan-Projektes vorzustellen. Einige waren zunächst der irrigen Meinung, das Fan-Projekt wolle die Fan-Clubs ersetzen oder Schnüffelfunktion übernehmen. Ich erinnere mich noch an eine durchzechte Nacht mit Assauer, Gerstner beim Besuch der Hunte-Macht im „moin,moin“, an die abgedrehte Type Olaf Piornack von Nord-Ost, oder etwa an das erste Treffen bei „Wally’s“ mit der Fraktion der etwas härteren Gangart (mit freundlicher Vermittlung durch Willi und Fabian, hatte ich Schiß, Junx!). Damals einigten wir uns übrigens darauf, daß wir uns gegenseitig besser friedlich aus dem Weg gehen. Es gab jedoch schon in den ersten aktiven Wochen des Fan-Projekts auch für die Oldenburger Hooligänse ausreichend Anlaß, unsere kritische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Die nächste Hürde war die Politische, aber zum Glück existiert unter einigen hiesigen offiziell-politischen Köpfen noch eine versteckte Leidenschaft für Fußball (Danke für Donnerschwee!Anm.d. T.) ,und so ließ sich auch die Stadt Oldenburg und der Jugendhilfeausschuß zu einem 1ten Zuschuß von 5000,-DM überzeugen.
Gemeinsam mit den Zusagen von Assauer (die zu unserem Pech offensichtlich nicht ganz abgestimmt zu sein schienen mit dem VfB-Vorstand) und Mitteln vom Arbeitsamt stand somit das Gerüst für Personal, Programmkosten und Räumlichkeiten, die das Jugendwerk der Arbeiterwohlfahrt zur Verfügung stellte (damals noch in der Klingenbergstraße), und der eigentliche Startschuß war im Juli 1991, als Thomas Hafke als pädagogischer Mitarbeiter im Fan-Projekt Oldenburg anfing.

Vergessen möchte ich nicht die aktive Unterstützung vieler, teilweise bereits erwähnter, Fans und von meiner damaligen Chefin Eva Rekowski.

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